Dienstag, 26. April 2016

Die ersten Schritte

Neben den ganzen Falten, den Hitzewallungen, dem Rücken und all den anderen unangenehmeren Begleiterscheinungen des Älterwerdens, musste ich in den letzten Jahren auch zunehmend feststellen, dass in mein Leben eine gewisse Bequemlichkeit und Langeweile eingekehrt war. Aus dieser Unzufriedenheit mit dem Äußeren und Inneren erwuchs in mir ein kühner Plan: Aussteigen - zumindest mal für kurze Zeit. Da ich keine Kinder habe und seit deinem dreiviertel Jahr Single bin, gab es auch niemand, der diesem Plan irgendwelche Bedenken entgegengesetzt hätte.

Gedacht - getan! Während mein Arbeitgeber, nachdem er meinem Wunsch nach einem Sabatical zugestimmt hatte, auf der Suche nach einer Vertretung für mich war, machte ich mich auf die Suche nach dem Abenteuer, dem Kick in the Ass, dem ultimativen Höhenflug.

Oberste Maxime für die geplanten Reisen: RAUS AUS DER COMFORTZONE!
Was im Grunde soviel heißt wie: Reisen wie vor 25 Jahren.

Nicht dass ich je der Typ für Pauschalurlaub gewesen wäre....
Ich erinnere mich nur ungern an meine wenigen Versuche mit dieser Reisesparte. Vier Dinge sind mir dabei nachdrücklich im Gedächtnis geblieben: labberige Hühnchenschenkel auf gekochten Erbsen, löslicher Kaffee zum Frühstück, gequält-fröhliche Kinderanimateure, die die Rasselbande immer rund um den Pool bespaßen, an dem ich eigentlich meinen Partykater ausdösen wollte, klebrigsüßewiederlichschmeckende Begrüßungscocktails, zu denen einem der Reiseveranstalter vor Ort gleich noch eine Tour ins Teppichland oder sonst einen Basar verkaufen will....

Aber auch wenn ich seither nachdrücklich auf meinem Status als Individualreisender bestehe,  beeinhalteten diese Reisen in den letzten 15 Jahren eigentlich immer einen bequemen Flug mit Mietwagen am Flughafen und ein Ferienhaus mit Charme und Sat-TV (letzteres war allerdings meinem Ex geschuldet, dem ein Leben ohne Formel1 und MotoGP wie die Vorhölle erscheint).

Station 1 waren 12 Tage auf Zypern. Airbnb verschaffte mir die perfekte Unterkunft für die ersten Schritte. Eine verlassene Sommerferiensiedlung - schließlich war es ja erst Februar - optisch so zwischen Laubenkolonie und Campingplatz.

Der Strom kam zwar aus der Steckdose, aber nur solange die Solarpanele noch etwas gespeichert hatten. Das warme Wasser zum Waschen und Duschen kam vom Herd. Außer dem Rauschen der Wellen und dem Licht der Sterne hatten die Tage und Abende für mich als Single lediglich noch zwei Katzen zu bieten, die aber weniger an meiner Gesellschaft interessiert waren, als dem Futter, das ich für sie bereithielt.


Und statt Mietwagen gabs ein rostiges MB und die spärlichen Kleinbusse, die mich nach einem halbstündigen Fußmarsch und einer Stunde Fahrt aus meiner Abgeschiedenheit dann in die große Stadt Larnaka brachten, von wo große Überlandbusse auch andere Städte anfuhren.

Ok, ich muss zugeben, dass ich nicht so viel von der Insel gesehen habe, wie auf meiner To-Do-Liste stand. Aber ich kam zurück mit einem Strahlen im Gesicht. Und zum ersten Mal seit langer Zeit hatte ich beim Blick in den Spiegel nicht mehr das Gefühl, dass die Person, die mir aus dem Spiegel entgegenblickt nicht mindestens 20 Jahre älter ist, als die, die in meinem Kopf lebt.....


Wenn der Kopf was anderes sagt als der Spiegel







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